Es gibt Sätze, die liest man und sie zerfallen sofort zu Staub. Und es gibt Sätze, die setzen sich in uns fest – ohne Grund, ohne Erlaubnis. Sie ziehen in uns ein wie Nebel, der durch ein offenes Fenster kommt, und bleiben, auch wenn der Text längst vorbei ist.
Ich sammle solche Sätze. Nicht in Notizbüchern, sondern irgendwo zwischen Herz und Gedächtnis. Es sind keine Zitate, die man sich an die Wand hängt, um klug zu wirken. Es sind Worte, die mich im richtigen Moment getroffen haben – wie ein Blick, der länger dauert, als er sollte.
Manchmal sind es Bilder:
„Der Regen fiel still, als würde er zuhören.“
„Ihre Hände rochen nach Metall und November.“
Manchmal sind es Abwesenheiten: Worte, die nicht sagen, was sie meinen, und gerade dadurch alles offen lassen.
Sprache hat die Kraft, Räume zu erschaffen, in die kein Bild, kein Film, kein Geräusch folgen kann. Sie kann dämpfen, was zu laut ist, oder verstärken, was zu leise war. Das Geheimnis liegt selten im Einzelwort. Es liegt in der Bewegung – in der Art, wie Worte aufeinandertreffen, wie sie den Atem verlangsamen oder beschleunigen.
Für mich ist Stimmung nicht Dekoration. Sie ist Kern. Die Handlung kann vergessen werden, die Figuren können verblassen – aber die Stimmung bleibt. So wie der Nebel, der an einem Morgen in der Kindheit durchs Fenster kam und alles einhüllte.
