Es gibt Geschichten, die man lange mit sich herumträgt, ohne zu wissen, dass sie eines Tages Worte verlangen werden. Die letzte Geometrie: Chronik eines Abschieds ist für mich genau eine solche Geschichte. Sie entstand nicht aus einem Konzept, nicht aus dem Wunsch, ein dystopisches Setting zu erschaffen – sondern aus einem Gefühl, das mich über Jahre begleitet hat: dem Gefühl, dass wir uns als Gesellschaft in Linien bewegen, die sich irgendwann schneiden müssen.
Ich habe dieses Buch nicht geplant. Es hat sich mir aufgedrängt.
Wie die Welt von „Die letzte Geometrie“ entstanden ist
Viele Leser fragen mich, woher die Idee für diese Zukunftsvision stammt. Die ehrlichste Antwort lautet: aus unserer Gegenwart.
Nicht aus den offensichtlichen Schlagzeilen, sondern aus den kleinen Momenten dazwischen – aus Gesprächen, die plötzlich verstummten, aus Blicken, die zu lang oder zu kurz waren, aus den feinen Brüchen, die entstehen, wenn Menschen sich voneinander entfernen, obwohl sie sich eigentlich nahe sein wollen.
Ich wollte eine Welt erschaffen, die nicht durch Technologie definiert wird, sondern durch emotionale Landschaften.
Eine Zukunft, die nicht deshalb beunruhigt, weil sie fremd ist, sondern weil sie uns erschreckend ähnlich sieht.
Die Figuren, bevor sie Figuren wurden
Bevor ich auch nur die erste Zeile schrieb, hatte ich ein Gefühl von Abschied im Kopf. Nicht den dramatischen, endgültigen Abschied, sondern diesen stillen, der sich schleichend in Beziehungen legt. Genau aus diesem Gefühl heraus entstanden die Figuren – nicht als Heldinnen und Helden, sondern als fragile Menschen, die versuchen, etwas festzuhalten, das ihnen entgleitet.
Ich habe beim Schreiben oft das Gefühl gehabt, dass die Figuren mich führen.
Dass sie mir zeigen, welche Entscheidungen zu ihren Leben passen und welche nicht.
Manchmal habe ich ihnen widersprochen, manchmal habe ich ihnen nachgegeben. Aber sie haben immer ihre eigene Wahrheit gesucht – und das wollte ich ihnen unbedingt lassen.
Warum der Roman eine „Chronik eines Abschieds“ ist
Der Titel kam spät, fast am Ende des Schreibprozesses. Erst da habe ich begriffen, dass sich alle Stränge, alle Konflikte und alle stillen Szenen um eine zentrale Achse drehen: den Abschied.
Nicht als Ende, sondern als Bewegung.
Abschiede formen uns.
Sie zwingen uns, die Welt neu zu betrachten.
Sie öffnen Räume, die vorher verschlossen waren.
Ich wollte diesen Prozess nicht heroisch erzählen, sondern menschlich – mit all der Verletzlichkeit, die dazugehört.
Was ich mir für die Leser wünsche
Ich wünsche mir nicht, dass man das Buch „versteht“.
Ich wünsche mir, dass man es fühlt.
Dass man sich in einzelnen Sätzen wiederfindet.
Dass man innehält.
Dass man vielleicht einmal tief atmen muss.
Wenn der Roman irgendetwas bewirkt, dann hoffentlich dies:
dass wir genauer hinsehen, welche Zukunft wir gerade selbst erschaffen – und welche Verbindungen zwischen uns stärker sind als jede dystopische Entwicklung.
Ein letztes Wort zur Reise hinter den Zeilen
Beim Schreiben dieses Buches habe ich gelernt, dass Zukunft nicht unbedingt aus Fortschritt besteht. Manchmal besteht sie aus Rückzug. Aus Verlangen. Aus dem Versuch, in einer sich verändernden Welt eine Form zu finden, die noch Bestand hat.
Vielleicht ist deshalb der Begriff „Geometrie“ im Titel gelandet.
Weil Beziehungen Muster bilden.
Weil Menschen Linien ziehen.
Und weil sich manche Linien irgendwann schneiden müssen – selbst wenn es weh tut.
Danke, dass du dir die Zeit nimmst, diese Welt zu betreten.
Sie gehört nicht nur mir.
Sie gehört jedem, der bereit ist, sich auf ihre leisen Töne einzulassen.
